Heute hatte ich mein Medien-Didaktik-Seminar ausnahmsweise mal in der Frauenklinik der Uni, weil an der Anglistik die Fassade renoviert wird, damit die Bruchbude auch alsbald meistbietend verkauft werden kann. In der Frauenklinik sind deshalb noch ganz fix ein paar Seminarräume eingerichtet worden, die nur einen halben Flur von der Schmerzstation entfernt liegen. Der Geruch des alten Linoleums voller unzähliger medizinischer Duftnoten ist wirklich umwerfend. Einzig gut ist der Wlan-Empfang, immerhin etwas. Der Seminarraum, in dem wir dann heute unsere Sitzung abgehalten haben, war früher ein Entbindungsraum. Unsere Dozentin erzählte, dass sie sich noch lebhaft daran erinnern kann, wie sie in einem Raum wie diesem in eben jenem Gebäude ihre beiden Kinder zur Welt gebracht hat.
Die Frauenklinik soll zwar ein umgestaltetes Unigebäude werden, doch zumindest nicht das für uns Philologen. Unsere Halbgötter in weiß residieren ja mittlerweile fast vollständig im täglich wachsenden Klinikum am neuen Campus und treten ihre Räumlichkeiten ganz großzügig an uns Geisteswissenschaftler ab. Alle Philologien sollen gemeinsam in die alte Chirurgie und innere Medizin ziehen, wurde uns heute erzählt. Dort soll wohl ein richtiger Campus mit Hörsaalgebäude und Mensa für uns entstehen. Das werde ich natürlich nicht mehr erleben, aber interessant ist es schon. Von unserem neuen Lieblingsplatz in der Unibibliothek aus haben wir täglich einen hervorragenden Blick auf die Baumaßnahmen am neuen Campus. Allem voran der Bau der neuen Mensa. Auch deren Einweihung wird wohl nach meinem Abschluss stattfinden, aber es kann einen schon in Depressionen stürzen, was hier für unsere naturwissenschaftliche Elite alles hingestellt wird, während bei uns der Putz von den Wänden bröckelt und die Treppen nicht mehr sicher sind. Aber immerhin können wir auch die relativ neue Unibibliothek intensiv nutzen. Das ist ja schon mal was. Während ich mich hier so erfolgreich von der Arbeit abhalte, habe ich mal wieder die Musik von Missy Higgins für mich entdeckt. Singer/Songwriter ist ja sowieso immer gut und besonders gern mag ich Songs von ihr wie the special two
oder Scar
oder das gerne in meinen geliebten amerikanischen Serien verwendete Where I stood
Aber genug von Musik und Ablenkungen und überhaupt. Morgen geht ja endlich die EM los, auf die ich mich schon lange freue. Die paar Wochen mit nur wenig Fußball waren schon eine harte Probe für den Lieblingsmitbewohner und mich. Wir haben uns mit allerlei Testspielen über Wasser gehalten. Mir hilft auch immer meine Ersatzdroge Tennis sehr gut über diese schweren Zeiten hinweg, schließlich sind grad die French Open.
Aber jetzt wirklich genug der Ablenkung. Es muss gearbeitet werden. Doch der Blick auf die Uhr sagt: Nicht mehr heute. Es lebe die Prokrastination!
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