12 Juli 2012

Es liegt ein schmaler Grat...

...zwischen einem freundschaftlichen Gefallen und purem Ausnutzen.
Ich helfe meinen Freunden sehr gerne bei ihren schriftlichen Arbeiten. Dementsprechend viele Haus- und Abschlussarbeiten habe ich im Laufe der Jahre Korrektur gelesen und hier und da ein wenig sprachlich aufgemotzt. Dafür habe ich immer viel Dankbarkeit erfahren und eigentlich war es gar nicht so viel Arbeit. Schließlich war jede einzelne dieser Arbeiten gut und sie erforderten nur wenig bis etwas Zutun meinerseits. Kürzlich bin ich während meiner Examensarbeit das erste Mal ernsthaft selbst in diese Rolle geschlüpft und habe guten Freundinnen meine Arbeit zum Lesen gegeben. Dabei war mir wichtig, dass ich soweit alles am Text gemacht hatte, was bis dato in meiner Macht stand. Niemand sollte seine Zeit mit Flüchtigkeitsfehlern vergeuden, schließlich sollte es um die wichtigen Feinheiten gehen. Außerdem kostet es wertvolle Zeit, solche Kleinigkeiten zu korrigieren und trotzdem noch auf das große Ganze zu achten. Eben jene Sorgfalt haben meine Freunde in der Vergangenheit auch walten lassen, bevor ich ihre Arbeiten zu lesen bekam. Ich war quasi die letzte Instanz vor der Abgabe und ich habe die Arbeiten wirklich gern gelesen. Schließlich lernt man dabei auch immer wieder etwas neues dazu und bisher waren alle Arbeiten von guter Qualität.
Bisher.
Momentan habe ich die Examensarbeit einer Kommilitonin zu lesen bekommen. Dabei ist "zu lesen bekommen" noch ziemlich milde ausgedrückt. Sie wurde mir quasi aufgezwungen. Der Dialog lautete in etwa wie folgt: "Du kriegst die Arbeit dann zu lesen." - "Weil ich etwa selbst nicht viel zu tun habe?"
Offenbar war ich zu dezent. Dabei hatte ich das Gefühl, mit dem Zaunpfahl nur so um mich zu schlagen. Es half nichts. Ich bekam einen ersten Entwurf von 30 Seiten. Mehr war es nicht. Ein Entwurf. Es ärgert mich wirklich maßlos, wenn ich Texte bekomme, in denen noch Fehler sind, die sogar Word von allein anzeigt und liebevoll rot unterstreicht. Mir erschließt sich ganz und gar nicht, in welchem Arbeitsprozess solche Texte entstehen. Ich lese doch zigmal, was ich selbst geschrieben habe. Immer und immer wieder. Jedes Mal, wenn ich etwas dazuschreibe, lese ich doch den Absatz davor, damit der Schreibfluss stimmig und stilistisch gleich ist. Oder arbeite nur ich so?
Ich muss mich korrigieren. Ich habe schon einmal zuvor eine Arbeit in ähnlich rohem Zustand bekommen. Aber die war zumindest von einer wirklichen, guten Freundin. Da hat es mich zwar geärgert, aber guten Freunden sieht man so einiges nach. In diesem Fall ist das anders. Ich sehe mich nicht als so sehr gute Freundin der Autorin. Wir sind so Kommilifreunde. Mehr als Kommilitonen, aber keine engen Freunde. Deshalb ärgert es mich umso mehr, dass ich einen Text bekomme, der noch so viel Arbeit bedarf, die ich ganz und gar nicht bereit bin zu leisten. Doch als wäre das nicht schon genug, erfährt die gesamte Situation noch eine Steigerung. Mir wird über eine gemeinsame Freundin von der Uni zugetragen, dass sich die Autorin offenbar ganz auf mich verlässt. Der O-Ton soll in etwa gelautet haben: "Kathi macht das schon."
Genau da endet dann aber doch meine Geduld und ich bin hin und hergerissen. Scheinbar hat sie kaum jemanden, der ihr jetzt noch helfen kann, aber die Arbeit bedarf so viel intensiver Arbeit und das auf einem Level, das weit über sprachliches Aufmotzen hinausgeht. In meinen Augen ist sie nicht wissenschaftlich genug und sprachlich auf jeden Fall dünn. Aber sie gehört nicht in meinen Fachbereich und deshalb sind meine Maßstäbe möglicherweise schlichtweg nicht anlegbar. Doch mittlerweile bekomme ich sogar noch ordentlich Druck, wann ich denn mit meiner Korrekturphase fertig sein müsse. Da reicht es dann auch langsam. Ich bin zur Zeit schließlich auch zu Hause, um andere Dinge zu machen als vor meinem Laptop zu kleben und wissenschaftliche Arbeiten zu lesen. Ganz davon abgesehen, dass ich ja auch noch einiges vor habe in den kommenden Tagen. Bedauerlicherweise habe ich es nicht drauf, einfach gar nichts zu tun. Ich habe schon so viele Ratschläge gegeben, obwohl sich die Autorin diesen Luxus eigentlich schon lange verspielt hat. Ich werde wohl noch ein paar Seiten lesen, aber alles schaffe ich ohnehin nicht. Der Text hat so viele Baustellen, dass man damit in einigen Tagen ohnehin nicht fertig würde. Es ist schließlich auch nicht meine Aufgabe, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Mal ganz davon abgesehen, dass es streng genommen auch nicht legal ist. Ich kann zwar mein Helfersyndrom nicht komplett abschütteln, aber ich will mich auch partout nicht ausnutzen lassen.

2 Kommentare:

stefano hat gesagt…

tjaja... also nicht ganz passend aber mal an die situation angeglichen: "Aus großem Können erwächst große Verantwortung." :) find ich gut. Vor allem wenn man die so untergeschoben bekommt. Wer mag das nicht?

schön weiter fleißig bloggern. ich werd mir diese woche dann auch mal einen zulegen.
greets :)

Unknown hat gesagt…

Die große Verantwortung übernehm ich gern...für Menschen, die mir am Herzen liegen. Der ein oder andere VIP kommt ja doch mal in den Genuss dieses großen Könnens (deine Worte, nicht meine).
Ich freu mich auf dein Blog!!! Das wird meine Startseite, damit ich nichts verpasse! :)

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